- Dalai-Lama
- Da|lai-La|ma 〈m.; - od. -s, -s〉 kirchl. Oberhaupt der Tibeter [Dalai: <mongol. „Meer“; Lama: <tibet. „der Höhere, großer Priester“]
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weltliches Oberhaupt des Lamaismus.* * *
[zu mongolisch dalai »Ozean« (des gelehrten Wissens) und tibetanisch bla-ma »der Obere«] der, -(s)/-s, das politische und (neben dem Pantschen-Lama) religiöse Oberhaupt des Lamaismus mit Residenz in Lhasa (Potala-Kloster); Oberhaupt der Gelugpa-Schule (»Gelbmützen«). Der Dalai-Lama gilt als Inkarnation des Bodhisattva Avalokiteshvara, zugleich als die Reinkarnation seines Vorgängers, der sich in einem kurze Zeit nach seinem Tod geborenen Kind an bestimmten körperlichen Merkmalen als neue Inkarnation offenbart. Zwischen dem Dalai-Lama und dem Pantschen-Lama bestand schon seit langer Zeit auch eine politische Rivalität, da dieser China, jener Indien und damit früher Großbritannien zugeneigt war. Nach der Besetzung Tibets durch China (1959) floh der gegenwärtige (14.) Dalai-Lama, Tenzin Gyatso (* 1935 als Sohn einer Bauernfamilie im Dorf Taktser in Osttibet; 1940 inthronisiert), nach Indien. Er lebt in Dharamsala im Asyl, organisiert die Erziehung tibetanischer Flüchtlinge und die Pflege der tibetanischen Kulturtradition und setzt sich im Rahmen der dort von ihm geleiteten (von keinem Staat offiziell anerkannten) Exilregierung für die Interessen eines unabhängigen Tibet ein. Von den Tibetern in und außerhalb Chinas wird er als ihr geistliches und politisches Oberhaupt angesehen. Seit 1980 werden Verhandlungen zwischen der chinesischen Regierung und dem Dalai-Lama über dessen Rückkehr und künftige Stellung in Tibet geführt. 1988 erläuterte der Dalai-Lama vor dem Europäischen Parlament einen Fünf-Punkte-Plan, in dem er die durch die chinesische Verfassung formal garantierten ethnischen, religiösen und kulturellen Autonomierechte einforderte und sich im Rahmen einer wirklichen Selbstverwaltung Tibets erstmals für dessen Verbleiben im chinesischen Staatsverband aussprach. Die nach der Verhängung des Kriegsrechts über Tibet und der Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung 1989 vorläufig beendeten Gespräche mit der chinesischen Regierung wurden 1992 wieder aufgenommen. V. a. für seine Bemühungen, auf friedlichem Weg einen Ausgleich in der tibetanischen Frage zu erlangen, erhielt der Dalai-Lama 1989 den Friedensnobelpreis. Seit Anfang der 90er-Jahre unternahm der Dalai-Lama Reisen in mehrere westeuropäische Staaten. Internationales Aufsehen erregte 1993 der auf chinesischem Druck hin durchgesetzte Ausschluss des Dalai-Lama von der UNO-Menschenrechtskonferenz in Wien. 1995 wurde der Dalai-Lama im Rahmen eines Deutschlandbesuchs als religiöser Führer und Nobelpreisträger (nicht als Politiker) durch Bundesaußenminister K. Kinkel empfangen (4. 5.). Auf internationaler Ebene setzt sich der Dalai-Lama für Toleranz zwischen den Religionen und Völkern und die Wahrnehmung der globalen Verantwortung der Menschheit ein. Weltweit gilt er als einer der bedeutenden religiösen Repräsentanten der Gegenwart.Werke: My land and my people (1962; deutsch Mein Leben und mein Volk. Die Tragödie Tibets ); Freedom in exile (1990; deutsch Das Buch der Freiheit). Einführung in den Buddhismus. Die Harvard-Vorlesungen (Neuausgabe 71995).C. B. Levenson: Dalai Lama. Die autorisierte Biogr. des Nobelpreisträgers (a. d. Frz., Neuausg. 21994);* * *
Universal-Lexikon. 2012.